Geteilter Bildschirm, Geteilte Emotionen: 5 Psychologische Mechanismen in Online-Meetings
Online-Meetings sind zu einem integralen Bestandteil unserer professionellen und teilweise auch persönlichen Kommunikation geworden, insbesondere in Zeiten, in denen die virtuelle Welt unseren physischen Raum mitbestimmt.
Die Psychologie spielt eine bedeutsame Rolle bei der Entschlüsselung des Verhaltens und der Dynamik in solchen virtuellen Sitzungen. Hier befassen wir uns mit fünf der psychologischen Konzepte, die unsere Online-Interaktionen prägen und formen können.
#1 Soziale Präsenztheorie
Soziale Präsenztheorie basiert auf der Arbeit von Short, Williams und Christie (1976), und betont, wie die wahrgenommene „Anwesenheit“ in einer Kommunikationsumgebung die Interaktion beeinflusst.
In einem Kontext, in dem technologische Mittel wie Online-Meetings genutzt werden, wird soziale Präsenz durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter Bild- und Audioqualität sowie die interaktiven Möglichkeiten, die die Plattform bietet.
Wenn die Teilnehmer das Gefühl haben, „präsent“ zu sein, neigen sie dazu, engagierter und investierter in die Kommunikation zu sein.
Diese Theorie unterstreicht die Notwendigkeit, Technologien und Strategien zu entwickeln und anzuwenden, die die soziale Präsenz auch in einer virtuellen Umgebung fördern können.
#2 Medienreichhaltigkeitstheorie
Die Medienreichhaltigkeitstheorie, eingeführt durch Daft und Lengel (1984), postuliert, dass Medien in ihrer Fähigkeit variieren, reiche oder komplexe Informationen zu übermitteln. Online-Meeting-Plattformen, obwohl technologisch fortgeschritten, können als „informationsarm“ betrachtet werden, insbesondere wenn nonverbale Hinweise, die in persönlicher Kommunikation wesentlich sind, fehlen oder eingeschränkt sind.
Die Auswirkungen dessen auf die Kommunikationsqualität können erheblich sein, da Teilnehmer möglicherweise Schwierigkeiten haben, Botschaften korrekt zu interpretieren oder emotionale Untertöne zu erfassen.
Daher ist es entscheidend, die Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlicher Medien zu verstehen und effektive Kommunikationsstrategien in virtuellen Interaktionen zu entwickeln.
#3 Sozialen Identität
Tajfel und Turner (1979) haben wesentlich zur Theorie der Sozialen Identität beigetragen, welche unterstreicht, wie unsere Gruppenidentifikation unser Verhalten und unsere Interaktionen in einem Team beeinflusst. In Online-Meetings kann die Identifikation mit bestimmten Gruppen oder Untergruppen die Dynamik und das Engagement in den Diskussionen maßgeblich beeinflussen, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.
Bewusstsein für die Mechanismen der sozialen Identität und die Anwendung von Strategien zur Förderung einer positiven und inklusiven Gruppenidentität könnten wesentlich zur Verbesserung der Zusammenarbeit in virtuellen Teams beitragen.
#4 Tuckman's Teamentwicklungsmodell
Tuckman's Teamentwicklungsmodell postuliert, dass Teams durch fünf distinkte Phasen der Entwicklung gehen:
Forming (Bildung),
Storming (Konflikt),
Norming (Normierung),
Performing (Leistungserbringung) und
Adjourning (Auflösung).
Jede Phase ist durch spezifische Interaktions- und Entwicklungscharakteristika geprägt, und Teams müssen durch alle Phasen navigieren, um eine effektive Zusammenarbeit und hochwertige Leistungserbringung zu erreichen.
Dies ist auch in virtuellen Umgebungen relevant, obwohl die Dynamik und Herausforderungen, die sich in den Phasen der Entwicklung präsentieren, variiert. Während Teams durch die Phasen navigieren, können Online-Interaktionen bestimmte Herausforderungen wie eingeschränkte soziale Präsenz und Kommunikationsbarrieren mit sich bringen.
Strategien zur Unterstützung von Teams während dieser Phasen müssen möglicherweise an die Eigenheiten der virtuellen Kommunikation angepasst werden.
#5 Loafing & Zoom-Müdigkeit
Die Konzepte der virtuellen Distanz (Lojeski & Reilly, 2008) und des sozialen „Loafing“ (Latane et al., 1979), sowie das relativ neue Phänomen der Zoom-Müdigkeit (z. B., Bailenson, 2021) beleuchten zusätzliche Herausforderungen der virtuellen Zusammenarbeit. Virtuelle Distanz kann durch bewusste Managementstrategien und Technologieanwendung verringert werden, während das Bewusstsein für und die Bewältigung von Phänomenen wie dem sozialen „Loafing“ und der Zoom-Müdigkeit essentiell sind, um effektive und gesunde Online-Interaktionsumgebungen zu gewährleisten.
#DuktusZitat
“Die Herausforderung besteht darin, diese Konzepte erfolgreich anzuwenden und eine ausgewogene Online-Meeting-Kultur zu entwickeln. Ein tieferes Verständnis dieser psychologischen Theorien ermöglicht es uns, Strategien zu entwickeln, um unsere Online-Interaktionen und -Meetings effektiver zu gestalten und gleichzeitig ein gesundes Arbeitsumfeld zu bewahren.”
Wir von duktus wollen Teil dieser Erneuerung der menschlichen Interaktion sein und haben deshalb Werkzeuge entwickelt, die uns helfen, mit der neuen Welt besser zurechtzukommen und die virtuelle Zusammenarbeit zu revolutionieren.
#Einordnung
Es ist essentiell, dass wir kontinuierlich neue Forschungserkenntnisse in diesem sich rasch entwickelnden Feld aufgreifen und uns adaptiv auf die sich verändernde Landschaft virtueller Interaktionen einstellen.
Durch die Implementierung von bewährten Strategien und Praktiken sowie durch das Bewusstsein und das Verständnis der zugrunde liegenden psychologischen Mechanismen können wir gemeinsam einen produktiven und unterstützenden virtuellen Arbeitsraum schaffen.
QUELLEN:
1. Soziale Präsenztheorie Short, J., Williams, E., & Christie, B. (1976), die in ihrem Werk "The Social Psychology of Telecommunications" das Konzept der sozialen Präsenz eingeführt haben.
2. Medienreichhaltigkeitstheorie Daft, R. L., & Lengel, R. H. (1984) sind wichtige Namen in Bezug auf die Medienreichhaltigkeitstheorie. Ihr Werk "Information richness. A new approach to managerial behavior and organizational design" könnte ein guter Ausgangspunkt sein.
3. Theorie der sozialen Identität Tajfel, H., & Turner, J. C. (1979) haben mit "An integrative theory of intergroup conflict" wesentlich zur Theorie der sozialen Identität beigetragen.
4. Zyklus von Tuckman Tuckman, B. W. (1965) hat mit "Developmental sequence in small groups" den Grundstein für dieses Konzept gelegt.
5. Virtuelle Distanz Lojeski, K. S., & Reilly, R. (2008) haben zum Konzept der virtuellen Distanz beigetragen. Ihr Buch "Uniting the Virtual Workforce" könnte Ihnen weitere Einsichten bieten.
6. Soziale Loafing-Theorie Latane, B., Williams, K., & Harkins, S. (1979) haben mit "Many hands make light the work: The causes and consequences of social loafing" einschlägige Forschung zum sozialen "Loafing" durchgeführt.
7. Zoom-Müdigkeit Suchen Sie nach neueren Forschungsarbeiten, da Zoom-Müdigkeit ein relativ neues Phänomen ist. Arbeiten von Jeremy N. Bailenson aus dem Jahr 2021, wie "Nonverbal Overload: A Theoretical Argument for the Causes of Zoom Fatigue", könnten hier relevant sein.